Venezianer und Kreuzfahrer beschlossen den Sturm auf Konstantinopel, und so fiel die byzantinische Hauptstadt am 12. April 1204 zum ersten Mal seit ihrer feierlichen Einweihung im Jahre 330 in die Hände von Nicht-Römern. Die Kreuzfahrer plünderten die Stadt mehrere Tage lang, und im Lauf der Kämpfe ausgebrochene Brände zerstörten weite Gebiete. Als neuer – lateinischer – Kaiser wurde Balduin I. von Flandern gewählt, als neuer – lateinischer – Patriarch der Venezianer Thomas Morrosini eingesetzt.
Knapp 60 Jahre dauerte die Herrschaft der Lateiner über Konstantinopel und weite Reichsteile. Die byzantinische Historiographie schweigt sich über diese Epoche aus. Die Oberschicht, zu der auch Historiker gehörten, hatte Konstantinopel in aller Eile verlassen und versuchte sich nun mit der Exilsituation in Nordwestgriechenland, Trapezunt oder Nikaia zu arrangieren.
Das Kreufahrerheer bestimmte nach der Eroberung mittels eines zwölfköpfigen Gremiums aus den eigenen Reihen einen neuen Kaiser. Die Wahl fiel durch das geschlossene Votum der sechs venezianischen Wahlmänner gegen den Grafen Bonifaz von Montferrat auf Balduin von Flandern. Der lateinische Patriarch wurde fortan von den Venezianern bestimmt. Der Großteil der byzantinischen Restbevölkerung, ebenso wie der überwiegend griechischsprachige niedere Klerus orientierte sich am neu gegründeten orthodoxen Patriarchat von Nikaia und lehnte den lateinischen Patriarchen. Mit Ausnahme der Regierungszeit von Heinrich von Flandern wurde die lateinische Fremdherrschaft von der einfachen Bevölkerung als drückend empfunden.
Es regierten der Reihe nach, folgende lateinische Kaiser:
1204 – 1205: Balduin von Flandern
1205 – 1217: Heinrich von Flandern
1217: Peter von Courtenay-Auxerre
1217 – 1219: Peter von Courtenay-Auxerre gemeinsam mit Yolande
1217 – 1228: Robert von Courtenay
1228 – 1261: Balduin II. von Courtenay
1229 – 1237: Balduin II. von Courtenay zusammen mit Johannes von Brienne
Quelle: Mabi Angar; Claudia Sode: Byzanz. Ein Schnellkurs. Köln: DuMont 2010, 162 – 171.